von Edith Krispien

Die Seligpreisungen

Matthäus 5, 1-16

Wenn wir nun zum Abschluss betrachten wollen, wozu Menschenselen erschaffen und berufen wurden,wenden wir uns am besten der größten Predigt aller Zeiten zu – der Bergpredigt von Jesus Christus. Er eröffnete hiermit seine dreijährige Zeit als Weltlehrer, und er sprach als Mensch im Auftrag des Schöpfergottes im Himmel zu allen Menschen der Erde – solange die  Erde steht.

Matthäus 5, 1-2: Als er aber die Volksmenge sah,  stieg er auf den Berg; und als er sich gesetzt hatte, traten seine Jünger zu ihm. Und er tat seinen Mund auf und lehrte sie und sprach:

Wenn wir heute nach 2000 Jahren  diese Predigt wahrnehmen, erkennen wir bereits, dass dieser Berg höher ist alle Berge der  Erde. Wir müssen nun sehr genau lesen. Da  ist zunächst die Volksmenge. Sie besteht aus Menschen von verschiedenen Völkern – heute  aus allen Völkern – zum Teil leben sie nachdem Gesetz Moses, und zum Teil sind sie überhaupt nicht gläubig. Diese Volksmenge damals hatte nun das Glück, den Weltlehrer Jesus persönlich zu sehen und zu hören. Allerdings ahnten sie nicht, wen sie da vor sich hatten. Sie wussten schon von seinen Heilungen und Wundertaten. Also gingen sie dorthin und folgten der Einladung. Die gläubigen Israelis unter ihnen erwarteten vielleicht eine strenge Predigt über ihre Sünden und die damit verbundenen Strafen Gottes. Was sie aber hörten, erstaunt uns bis heute. Es ist das genaue Gegenteil einer Strafpredigt, und es  ist absolut göttlich. Jesus zeigt ihnen menschliche Eigenschaften, die eine Belohnung im Gericht erfahren werden. Und so mancher unter den Zuhörern, ob er nun gläubig war oder nicht, konnte sich vielleicht mit einer davon identifizieren. Wir lesen zuerst fünf Seligpreisungen, die allgemeingültig sind für jene, auf die das Gesagte zutrifft. Erst die weiteren Seligpreisungen  gehören zu einer anderen Gruppe.

Matthäus 5, 3: Selig sind die geistlich Armen; denn ihrer ist das Reich der Himmel.

Dieser Vers wurde oft missverstanden, denn es soll ja nicht der Unglaube gepriesen werden, sondern wohl eher der Hunger nach geistlicher Erkenntnis. Das Gefühl der Armut auf  diesem Gebiet und  der Wunsch reicher zu werden. Aber auch ein unbefangenes offenes Gemüt zum Empfang einer neuen Lehre. Unter den ersten Zuhörern der Bergpredigt gab es viele einfache Leute, aber auch einige Pharisäer und Schriftgelehrte, die ihre Thora – unser heutiges altes Testament – fast auswendig kannten. Falls auch der Benjaminiter Saulus unter ihnen stand, hätten ihn die Worte so nicht erreicht. Erst die himmlische Erscheinung von Jesus konnte ihn später überzeugen.

Matthäus 5, 4: Selig sind die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.

Alle Menschen erfahren Leid in ihrem Leben, und viele verlieren geliebte Menschen, früher oder später. Aber welche Art von Trauer ist hier gemeint? Darüber sollten wir nachdenken, denn der versprochene Trost wird vielen erst nach dem Tode zuteil, wenn sie  erfahren, dass es ein Wiedersehen gibt mit den verloren geglaubten Seelen. Reine Trauer ist auch stets ohne Zorn und Schuldzuweisungen; es ist eine ganz tiefe Emotion von Kummer, Verlust und Schmerz. Trauernde kann man durch Trost erreichen, Wütende nicht.

Matthäus 5, 5: Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Land besitzen.

Diese Menschen erfahren einen Lohn schon während ihres Lebens auf der Erde. Die Sanftmut schützt sie vor ständigem Zorn gegen andere. Sie schlägt nicht zurück,  sie duldet mit Ruhe – eben sanft. Das allein ist schon eine hohe Qualität, die andere Menschen von ihrer Wut herunterholen kann durch das gute Beispiel.

Matthäus 5, 6: Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.

Zunächst sind es Menschen, die Ungerechtigkeit erkennen und darunter leiden. Ihre Sättigung erfahren sie manchmal  schon in diesem Leben, spätestens aber nach dem Tode. Denn aus welchem Volk sie auch kommen mögen und  welches Gesetz sie leitet – ihr persönlicher Hunger nach Gerechtigkeit wird registriert und belohnt werden. Denn Gott ist gerecht.

Matthäus 5, 7: Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

Barmherzigkeit kommt nach der Gerechtigkeit in dieser Aufzählung. Wohl mag einer gerecht für eine böse Tat betraft werden und damit den Hunger nach Gerechtigkeit befriedigen. Aber Barmherzigkeit kann auch vergeben und eine Strafe erlassen. So führt Jesus ganz behutsam in göttliches Denken hinüber, denn die Nachfolger, die er sich hiermit erziehen will, werden wachsen in diesen Eigenschaften. Auch hier fällt mir wieder  Saulus ein, der in fanatischer Gewissheit Andersgläubige verfolgte, Bis Jesus als strahlende Himmelserscheinung ihn in einer Minute  so veränderte, dass er zum größten Nacharbeiter und Apostel des Christentums wurde. Sein Name war dann Paulus. Es ist aber auch heute noch auffallend, dass gerade religiöse Fanatiker kein Mitgefühl zeigen, und Barmherzigkeit ist ihnen vollkommen fern. Sie sind zwar nicht geistlich arm, aber so voll gestopft, dass die  sanften Töne dieser Predigt sie nicht mehr erreichen.

Matthäus 5,8: Selig sind, die reinen Herzens  sind; denn sie werden Gott schauen.

Hier gibt es eine Wende oder  einen Sprung auf eine höhere Ebene. Die Zuhörer der Bergpredigt wie alle normalen Menschen konnten  von den vorher genannten Eigenschaften schon einige besitzen, aber reinen Herzens waren sie alle nicht. Ausgenommen kleine Kinder vielleicht. Diesen Zustand mussten sie erst erwerben, und zwar durch Annahme  von Jesus Christus. Dieser würde die Seelen reinigen,  die ihm nachfolgen, und dann ist ihnen der  Aufstieg in den Himmel sicher. Wir treffen sie wieder in der Offenbarung Christi in der Jubelschar  im 6. Siegel.  Dort heißt es:

Offenbarung 7,9: Darnach schaute ich auf, und siehe da, eine große Menge, die niemand    zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen, die  vor  dem Thron und vor dem Lamm  stand, angetan mit weißen Kleidern und Palmen in ihren Händen.

Und nun nehmen wir uns noch dazu:

Offenbarung 21, 4-5: Und er wird alle Tränen abwischen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, und kein Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: „Siehe, ich mache alles neu!“

Hier erfüllt sich nun auch die Verheißung für die Trauernden. Von nun an wenden sich die Seligpreisungen direkt an die Nachfolger Christi.

Matthäus 5, 9: Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Söhne Gottes heißen.

An anderer Stelle heißt es:

Johannes 1, 12: So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Anrecht darauf, Gottes Kinder zu  w e r d e n  !

Während Jesus in den ersten fünf Seligpreisungen Eigenschaften nennt, die schon ihren Lohn in sich haben, und natürlich die Herzen solcher Menschen auch für das Evangelium öffnen, so dass sie ihn annehmen können, gilt seine Rede von der sechsten Seligpreisung an denen, die sich ihm schon anvertraut haben. Von nun ab gibt es auch Bedingungen für das Verhalten der Nachfolger, denn sie werden standhaft sein müssen und Verfolgungen ertragen. Die Friedfertigen sind aufgerufen, keine Religionskriege zu führen oder Andersgläubige zu töten. Es kann jedoch vorkommen, dass  sie selbst getötet werden – so wie Jesus. Denn auch in diesem Fall ist er seinen Nachfolgern vorangegangen. Also sagt er weiter:

Matthäus 5, 10: Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

Da ist schon ein feiner Unterschied, ob man nach Gerechtigkeit dürstet wie in der vierten Seligpreisung, oder ob man um der Gerechtigkeit willen verfolgt wird. Deshalb erleben wir mit der neunten und letzten Seligpreisung einen weiteren Unterschied: Denn hier redet Jesus seine Jünger direkt und persönlich an.

Matthäus 5, 11-12: Selig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und alles Arge wider euch reden um meinetwillen und damit lügen. Freuet euch und frohlocket, weil euer Lohn groß ist in den Himmeln. Denn eben so haben sie  die Propheten verfolgt, die vor euch gewesen.

Hier ist nun der Bogen über die ganze Zeit geschlagen – die Jahrtausende  der Vorbereitung auf den  Christus, durch Propheten,  die bereits als Märtyrer starben; Gläubige, die sich bemühten, nach dem Gesetz Moses zu leben, und Unwissende und Ungläubige wie zu allen Zeiten. Dann über  die Nachfolger Christi, die sich  frei entschieden  haben, ihm anzugehören, um in ihm zu wachsen mit den Eigenschaften,  die er hier besonders herausstellt.

Nun gibt es noch ein Nachwort von Jesus. Er macht klar, wie die  wahren Nachfolger jetzt ihre Aufgaben auf der Erde erfüllen sollen, denn sie sind der Christuskörper – ein Körper aus Millionen gereinigten Seelen mit einer irdischen Berufung und einer himmlischen Verheißung:

Matthäus 5, 13-16: Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz seine Schärfe verliert, womit soll es salzig gemacht werden? Es ist zu nichts mehr nütze, als  das es hinausgeworfen und  von den Leuten zertreten wird. Ihr seid das Licht der  Welt. Eine Stadt, die auf einem Berge liegt, kann nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und stellt es unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet es allen, die im Hause sind. So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der  in den Himmeln ist, preisen.

Es ist kaum zu fassen: Wir erleben hier in 16+5 Versen den ganzen Gottesplan zur Entwicklung der Menschheit, bis hin zu berufenen Mitarbeitern von Jesus Christus in dieser Welt, und bis zum Aufstieg in den Himmel zu der erlösten Jubelschar vor dem Thron Gottes – die  Menge, die niemand zählen kann.
Zuerst zeigt uns Jesus die Charakterarbeit und die Eigenschaften, die einen Lohn in sich tragen: Sanftmut, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Friedfertigkeit.
Dann kommen die Bewährungsproben bei Verfolgung, Schmähung und Widerstand jeder Art. Hier müssen die Nachfolger noch Demut üben und die gewünschten Eigenschaften entwickeln – bis zum Einsatz ihres Lebens in absoluter Treue. Die Friedfertigkeit macht es ihnen möglich.

Aber dann! (13 bis 16) – hört falsche  Bescheidenheit  auf. Wer Gott dienen will, braucht  ein kraftvolles Selbstbewusstsein. Salz muss scharfes Salz bleiben und Licht soll nicht versteckt  werden. Es wird Zeit, dass sich die Nachfolger klar machen, wem sie  dienen und angehören: Jesus Christus, dem Bevollmächtigen Gottes, dem König der Könige. Er ist der Weltlehrer, der von einem hohen Berge aus die Menschheit belehrt, damit sie ihren Vater im Himmel kennen lernen und ihn preisen.

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Damit haben wir nun  die Erschaffung des Menschen mit Hilfe der Bibel betrachtet. Wir haben seinen Weg durch die Schöpfung in einem physischen Körper begleitet, bei unterschiedlichen Naturgesetzen und Erkenntnisstufen – bis zur Begegnung mit Jesus Christus und  der letzten Umformung zur höchsten Stufe des Menschen, der sein Anrecht auf den  Himmel erworben hat. Betrachten wir jetzt:

2. Korinther 5, 18-19: Alles aber kommt von Gott, der uns  durch Christus mit sich selbst    versöhnt und  uns den Dienst der Versöhnung verliehen hat. Denn Gott versöhnte in     Christus die Welt mit sich selbst, in dem er ihnen  ihre Übertretungen nicht  anrechnete und in uns das Wort der Versöhnung  legte.

So wird auch klar, warum Jesus seinen Dienst an den Menschen damit begann, ihnen einen neuen Charakter zu geben, Eigenschaften, die es ihnen leicht machen würden, seine Nachfolge anzutreten – bis hinauf  in die himmlischen Welten, die er fast immer im Plural nennt.
Wir sind nun ein Teil dieses gewaltigen Planes. Und wo auch wir stehen mögen auf der gewaltigen Leiter des Lebens – Christus haben wir schon getroffen. Der Rest liegt bei  uns. Wenn wir uns schon zur Nachfolge aus freiem Willen entschlossen haben, dürfen wir andere einladen mit den herrlichen Worten am Schluss der Offenbarung:

Offenbarung 22, 17: Der Geist und die Braut sprechen komm! Und wer es hört der sage: Komm! Und wer dürstet, der komme; wer will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst!

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