von Edith Krispien

Zwei symbolische Sterne

Hier geht es nicht um sichtbare Sterne, die wir am Nachthimmel sehen können, und deren symbolische Bedeutung uns die Astrologen gern erklären, sondern um einen Stern ganz anderer Art. Wir kennen ihn alle, aber die Symbolik war mir nicht bewußt, bis ich es einmal in einer Meditation erfahren habe, Linie für Linie und Satz für Satz. Dieses Erlebnis möchte ich hier gern vermitteln, denn es handelt sich um nicht weniger als den Davidstern, der einst Davids Schild geschmückt haben soll und heute die israelische Fahne ziert. Die Symbolik bezieht sich in der ersten Form auf die ethische Erziehung der Menschheit, in der zweiten jedoch auf ihre Vollendung durch das Prinzip der Gnade. Dies wäre der zweite Stern. Beginnen wir also ganz von vorn.

Der erste Stern: Die 1o Gebote

Wir malen uns ein gleichschenkliges Dreieck mit der Spitze nach oben. Jetzt konzentrieren wir uns auf die linke schräge Linie und hören dabei: Du sollst Gott über alles lieben. Genau so ist es mir in der Meditation vermittelt worden. Jetzt kommt die rechte Schräglinie: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Und nun die Basislinie: Du sollst den Feiertag heiligen. Spätestens jetzt wird uns klar, daß es sich hier um den Dekalog handelt, das Gesetz, welches Gott auf dem Berg Sinai an Moses gegeben hat.

Betrachten wir uns also dieses Dreieck. Dabei stellen wir fest, daß es hier noch keine Verbote gibt, sondern drei du sollst. Außerdem beziehen sich alle drei direkt auf Gott. Ein Mensch, der sich hier aufhält, hat eine intakte Beziehung zu Gott, sonst kann er ihn ja nicht über alles lieben. Sein Bewußtsein hält sich in einer Ebene auf, bei der die Verbote noch gar nicht notwendig sind.

Um das richtig zu verstehen, müssen wir das dritte Gebot noch einmal genau anschauen. Du sollst den Feiertag heiligen, kann unmöglich nur eine Aufforderung sein, jeden Sonntag in die Kirche zugehen. Es ist viel mehr! Wir sollen jeden Tag und jede Stunde, die wir Gott widmen, um diese höchste Verbindung mit dem Schöpfer in uns zu festigen, heiligen. Diese Zeit soll uns heilig sein. So erfüllen wir das erste Gebot, Gott über alles zu stellen. Gott ist alles, und ohne Gott ist alles nichts. Wer so denkt, ist geistig erwacht und hat den inneren Priester in sich aktiviert. Er kann für sich den ersten Vers des 91. Psalms in Anspruch nehmen: Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und im Schatten des Allmächtigen bleibt, der darf sprechen zum Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich vertraue.

Dieses erste Dreieck ist keine Zumutung, sondern eine Einweihung. Wer es versteht, kann  sich viel ersparen. Ein solcher Zustand ist jedoch in dieser Welt sehr selten.

Jetzt malen wir ein zweites Dreieck, und schieben es  mit der Spitze nach unten so in das andere hinein, daß ein Stern mit sechs Spitzen entsteht, in gleichmäßigen Abständen. Dann legen wir um die Spitzen einen Kreis, und teilen diesen senkrecht und quer mit einer gestrichelten Linie auf. Dadurch bekommen wir noch vier Viertel des Kreises dazu. Mit den sechs Linien zusammen erhalten wir zehn Teile.

Bei diesem zweiten Dreieck liegt die Querlinie oben. Es ist die vier: Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß es dir wohl gehe und du lange lebst auf Erden. Ein bemerkenswertes Gebot. Zunächst ist es noch einmal ein du sollst und kein Verbot. Und es hat eine Belohnung in sich. Als einziges von allen zehn, wenn man davon absieht, daß die ersten drei schon eine Belohnung in sich sind, weil sie höhere Erkenntnisse vermitteln. Das vierte Gebot stellt eine Verbindung zwischen Himmel und Erde dar. Die Eltern haben uns in die Welt gesetzt und uns mit Gottes Hilfe unseren Körper gebaut. Unter normalen Umständen ziehen sie uns auch mit Liebe auf. Dies gilt jedoch nicht für alle Eltern. Es heißt ja auch sehr behutsam, wir sollen sie ehren. Es heißt nicht einmal , daß wir sie lieben sollen, was in einigen Fällen wirklich eine Überforderung wäre. Es gibt ja schreckliche Eltern, die ihre Kinder quälen und mißbrauchen. Aber die Ehre, daß sie das Kind in die Welt gesetzt haben, nimmt ihnen niemand weg. Dafür kann man ihnen danken, denn das Leben in dieser Welt ist viel wert. Deshalb ist die Belohnung auch langes Leben, was es noch einmal ganz deutlich macht.

 Nach den ersten vier du sollst kommen jetzt erst die Verbote. Wer sich mit seiner Lebensführung und in seinem Bewußtsein im oberen Bereich aufhält, wird die anderen kaum benötigen. Jetzt also kommt der Höllensturz auf den untersten Punkt des zweiten Dreiecks.

 Die fünf: Du sollst nicht töten. Das ist die linke Linie. Und nun die rechte Linie, Nummer sechs: Du sollst nicht ehebrechen.

Wenn wir uns in der Welt umsehen, was Menschen wirklich tiefe Schmerzen  bereitet, so ist es ein Verlust durch Tod oder Liebeskummer. Das ist die Ursache der meisten Selbstmorde. Aber es gibt noch andere Schmerzen. Wir finden sie in der sieben, dem linken unteren Viertel des Kreises, den wir um den Stern herum gelegt haben: Du sollst nicht stehlen. Und  dann das rechte untere Kreisviertel, die Nummer acht: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen  Nächsten. Dieses Gebot umschließt viel mehr als lügen. Es geht um den Verlust der Ehre durch Verleumdung. Genau genommen sind die vier harten Du sollst nicht vier Formen des Diebstahls: Das Leben stehlen, den Partner stehlen, Besitz stehlen, die Ehre stehlen.

Zwei sind noch übrig, die beiden oberen Kreisviertel. Sie stellen eigentlich das ethische Verhalten dar, eine Gedankenkontrolle über die eigenen Wünsche mit Rücksicht auf andere: Du sollst nicht begehren...  deines Nächsten Haus, Hof, Hab und Gut – deines Nächsten Mann, Weib, Knecht, Magd – also die Gedankenkontrolle! Im neunten Gebot bezieht sich auf Besitz, und im zehnten Gebot auf Personen.

 Wenn wir uns nun unseren fertigen Stern mit dem Kreis drum herum noch einmal genau ansehen, wird klar, daß sich ein ethisch gefestigter Mensch in der oberen Hälfte aufhält, oberhalb der waagerechten gestrichelten Linie durch den Kreis. Hier ist er sicher, lebt lange und glücklich, tut niemandem weh und ist ein Mensch, auf den man sich verlassen kann. Verletzt er das fünfte oder sechste Gebot, erfolgt der Höllensturz, heraus aus dem eigenen inneren Frieden, in ein schlechteres Karma, in den Verlust der Verbindung mit Gott.

 Die senkrechte gestrichelte Linie zeigt nun den kürzesten Rückweg zum höchsten Punkt an. Dies wäre der Weg aus der Hölle nach einem tiefen Fall durch Reue, Buße und der Bitte um Wiederherstellung. So einfach geht das nicht, das wissen wir aus der Geschichte mit David, Bathseba und Uria. Ergreifend die Anklage im 2. Buch Samuels, Kapitel 12, 7-9. Warum hast du Gott das angetan? Er wollte dich noch viel mehr segnen... So sagt es der Priester Nathan zu David. Aber wir wissen auch, daß David wieder gereinigt und hergestellt wurde. Er wurde sogar ein Liebling Gottes genannt, ein leuchtendes Beispiel für geistig erwachte Menschen. Das ist eben möglich, und damit kommen wir zu unserem zweiten Stern, der genauso aussieht wie der erste, und wieder zehn Teile in der gleichen Reihenfolge erhält. Lassen wir uns also überraschen:

Der zweite Stern: Die1o Bitten des „Vater Unser“

Beginnen wir unseren zweiten Stern wieder mit dem Dreieck, das mit der Spitze nach oben steht und verstärken die linke schräge Linie. Dazu hören wir in uns: Unser Vater, der Du bist im Himmel. Diese interessante Anrede und Adresse, die keinen Zweifel offenläßt, um wen es sich hier handelt, nämlich um Gott, stellt die wesentliche Unterscheidung zwischen dem alten Testament und dem Neuen dar. Im Alten wird Gott  grundsätzlich als „Herr“ angeredet,  von den Priestern, Propheten und Eingeweihten des alten Bundes. Die ganze Erziehung der Menschheit durch das ethische Konzept der zehn Gebote, die über Jahrtausende hin auf jede Kultur passen, ist erst die Voraussetzung für eine spätere, persönliche Beziehung jeder einzelnen Seele zu Gott. Im alten Bund durften die hohen Priester nach langen Reinigungsriten nur einmal im Jahr hinter den Vorhang im Tempel treten, wo die Bundeslade stand. In der Lade lagen die Gesetzestafeln mit den 1o Geboten.

Das änderte sich jedoch nach Vollendung der Kreuzigung Christi. Wir lesen in Matthäus 27, Vers 51:

Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriß von oben bis unten in zwei Stücke und die Erde erbebte. In Richtung  von oben nach unten! Also von Gott her. Der Weg ist nun frei für jede einzelne Seele. Und in dieser neuen Beziehung zu Gott wird er nicht mehr als „Herr“ sondern als „Vater“ angeredet. Was für ein Unterschied. Schließlich reden wir hier von der höchsten Majestät, dem Schöpfer des Universums, vor den nicht einmal alle Engel zu jeder Zeit treten durften. Eine neue Ära ist eingeleitet. Hierzu Johannes 1, 12: So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Anrecht darauf, Gottes Kinder zu  w e r d e n  !

Paulus verstand sehr gut diesen Unterschied zwischen einem dienenden hohen Priester und den Kindern Gottes, die sich auch als himmlische Erben fühlen dürfen. Im Römerbrief 8, Vers 15, drückt er wunderbar aus: Denn Ihr habt nicht den Geist der Knechtschaft empfangen, so daß Ihr euch wieder fürchten müßtet, sondern Ihr habt empfangen den Geist, der verliehen wird bei der Annahme an Kindes statt, in diesem rufen wir: Abba, lieber Vater“. Eben dieser Geist bezeugt samt unserem Geiste, daß wir Kinder Gottes sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Erben Gottes und Miterben Christi.

Nun nehmen wir rechte schräge Linie unseres ersten Dreiecks und hören dazu: Geheiligt werde dein Name. Dann die Basislinie und dazu: Dein Reich komme! Hier bietet sich schon ein Vergleich mit unserem ersten Stern mit den zehn Geboten an. Auch hier sind die ersten drei nur für Gott. Aber mit dem Unterschied der Anrede als Vater, nach Jahrtausenden geistiger Vorgeschichte und Vorerziehung der Menschen. Folgerichtig ruft das alte Testament zum Abschluß noch einmal zur Buße und Versöhnung auf. Diese Arbeit soll vor dem Auftreten des Weltlehrers Jesus der reinkarnierte Elia übernehmen, in Gestalt Johannes des Täufers.

Jetzt kommt die vier. Im ersten Stern ist das vierte Gebot  die Überleitung zwischen Himmel und Erde. Und hier heißt es: Wie im Himmel, also auch auf Erden. Verblüffend, nicht wahr?

Die Fünf und sechs betreffen hier zwei Basisbedürfnisse: Unser täglich Brot gib uns heute ... und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Diese Klausel ist nicht nur ausgewogen und gerecht, sondern sie zeigt auch schon etwas von den Rechten und Möglichkeiten der neuen Gotteskinder. Sie dürfen vergeben – und damit tragen sie zur Heiligung der Menschheit bei, und ganz nebenbei zu ihrer eigenen. Wer jedoch von diesem Recht zur Vergebung keinen Gebrauch macht, bleibt in der unteren Hälfte des Sterns stecken.

Aber es gibt ja noch vier weitere Bitten, für die wir wieder die Viertel unseres Kreises nehmen, die wir um den Stern herum gelegt haben. Die sieben und die acht: Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel. Wer schon eine Weile auf dem spirituellen Pfad durch diese Welt wandert, wird sehr gut wissen, wie wichtig diese Bitte ist. Sie formt das Bewußtsein. Denn wenn man darum bittet, nicht in Versuchung zu fallen, wird man gleichzeitig aufmerksamer für mögliche Gefahren, nicht nur von außen, sondern auch in uns selbst. Wenn wir das nun geschafft haben, dürfen wir in die beiden oberen Kreisviertel gehen, und die sind schon eine Belohnung in sich. Dort wird nur noch gejubelt – hier die neun und zehn: Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit – Amen. Hier fühlen wir das Wissen um Ewigkeit und den großen Gottesplan mit der Menschheit und jeder einzelnen Seele, eine nicht mehr zu bändigende Freude, die über den Tod hinaus weist. Obwohl die dritte und vierte Bitte dieses einzigartigen Gebets doch dein Reich komme – wie im Himmel, also auch auf Erden heißt, wohl bedenkend, daß wir noch nicht so weit sind. Und daß es von uns abhängt, ob wir es uns herbei wünschen, denn ohne ein Ziel gibt es auch keine Pilger.

Beide Sterne im Vergleich

Jetzt sollten wir einmal vergleichen. Wir können beide Stern sogar übereinander legen – sie haben etwas Gemeinsames und stellen zugleich einen äonischen Entwicklungsprozeß der ganzen Menschheit dar.

Zuerst das Gesetz, das ethische Konzept – dann das Gnadenprinzip, anwendbar auf Menschen, die sanftmütig und friedfertig sind, bereit, die letzten Schulklassen der Gotteserziehung zu durchlaufen. Hierzu noch einige sehr wichtige Verse aus dem neuen Testament:

Johannes 1,17: Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben worden, die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus gekommen.

Matthäus 5,17: Jesus: Meinet nicht, daß ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.

Hebräerbrief 7,19: Den das Gesetz hat nichts zur Vollendung gebracht –dagegen die Einführung einer besseren Hoffnung, durch die wir Gott nahen.

Wir können sehen, daß die großen Vertreter des Geistes unter den Menschen sehr wohl diese komplizierten Zusammenhänge erkannten. Auf immer neue Weise haben sie sich bemüht, uns das klar zu machen. Wer aber anfängt, darüber zu meditieren, dem kommt alles entgegen.  Der Stoff ist lebendig und bereit, von uns geöffnet und entschlüsselt zu werden. Malen wir uns also einen Kreis, setzen den Davidstern hinein und beginnen, dieses schöne Gebilde mit unserem eigenen Leben zu erfüllen. Dazu wünsche ich viel Freude!

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